Reiner Rucks, ein ehemaliger Parteigenosse Meyers, wundert sich: „Wofür bekommt der Mann ein Denkmal gesetzt? Dafür, dass er es geschafft hat, sich nach der Wende praktisch nahtlos von einem hoch dotierten Posten zum nächsten zu hangeln? Ich würde es verstehen, wenn er in ehrenamtlicher Tätigkeit großes für die Stadt vollbracht hätte. Aber unter den bekannten historischen Gesichtspunkten und dafür, dass er für seine jetzt so hoch gelobte Tätigkeit fürstlich entlohnt wurde, ist dieser Personenkult einfach unverschämt. Angesichts der Pandemie hätten alle Helfer im Ehrenamt einen Baum mit Gedenktafel verdient.“Rucks, der Ende der 1980er Jahre in der Zwickauer SED Kreisleitung direkt mit Meyer zu tun hatte, weist unter anderem auf die im Laufe der vergangenen 30 Jahre aufgelaufenen Fehlleistungen des zuletzt als Finanzbürgermeister tätigen LINKEN-Politikers hin. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Gebäude- und Grundstücksgesellschaft Zwickau mbH (GGZ) ist er verantwortlich für den Verkauf des „Zwickauer Tafelsilbers“ (3000 Immobilien) an die GAGFAH. Mit dem Erlös von knapp 100 Millionen Euro wurden zunächst die von Meyer in seiner Funktion als Finanzbürgermeister verursachten Schulden getilgt, später dann der Bau der „Glück Auf Schwimmhalle“ mit finanziert. In diesem Zusammenhang kritisiert Reiner Rucks: „Das war seine schlechteste Leistung. Dafür hätte ich ihm maximal eine Trauerweide gepflanzt. Der Verkauf des Städtischen Wohneigentums war eine ,Glanzleistung' der Linken unter Führung von Bernd Meyer (Ironie).“
Meyers vorerst letzter Coup als Finanzbürgermeister und GGZ-Aufsichtsrat war der Abkauf des Sparkassengebäudes. Hier wollte die Stadtspitze unter Leitung der ehemaligen Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) das Stadtarchiv unterbringen. Die Verquickung zwischen der Sparkasse Zwickau als Anstalt des öffentlichen Rechts, der GGZ als stadteigene Wohnungsgesellschaft und den Machthabern im Zwickauer Rathaus wurde hier allzu offensichtlich. Zumal es nach wie vor erhebliche Bedenken von Fachleuten bezüglich der Eignung des Gebäudes als Stadtarchiv gibt. In einer teils hitzig geführten Stadtrats-Debatte hatten deshalb vor allem CDU-Vertreter das Vorhaben abgelehnt – aus statischen und finanziellen Gründen sowie wegen einer zu geringen Kapazität und mangelndem Brandschutz. Der damals noch amtierende Finanzbürgermeister Bernd Meyer (LINKE) widersprach in allen Punkten. 2024 soll das neue Archiv fertig sein.
Hier entscheidet also ein ehemaliger SED Kreissekretär, der unter anderem Vorgesetzter und damit weisungsbefugt gegenüber der Stasi war, mehr als 30 Jahre nach der politischen Wende, trotz Kenntnis der Sachlage aus rein eigennützigen Gründen und weil er es aufgrund seiner Machtposition kann, entgegen aller vernünftigen Argumente. Reiner Rucks meint: „Zwickau verdient ein Archiv als rechtlich administratives soziales Gewissen, das dieses Attribut wert ist. Das Sparkassengebäude ist dafür denkbar ungeeignet.“
Auf dem Foto oben von links: Bernd Meyer (LINKE), Ex-OBin Pia Findeiß (SPD), OBin Constance Arndt (BfZ) bei der Einweihung des Bäumchens und der Gedenktafel.
Weiterführende Literatur zum Thema gibt es von Dr. Edmund Käbisch: „Lange Schatten meiner Stasibearbeiter“ und „Der letzte SED-Kreissekretär wird zum Phönix – Bernd Meyer“ unter www.dr-kaebisch.de und von Reiner Rucks: „Wer vorwärts will, sollte rückwärts schauen“ bei Amazon
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