02 Dezember 2019

Zwickauer Justiz-Skandal: War es die Putzfrau?

Westsachsen/Dresden/Zwickau.- In der Überklebungsaffäre am Zwickauer Amtsgericht sind überraschend neue Erkenntnisse aufgetaucht. Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) zitiert in einer Stellungnahme gegenüber dem Sächsischen Landtag den Vorfall wie folgt: „...am 10. April 2013 wurde auf dem Beschluss vom 23.03.2012 die Rechtskraft mit Datum vom 06.02.2013 angebracht. Zu diesem Zeitpunkt war der ursprünglich gestrichene Rechtskraftvermerk überklebt worden. Wer die erste und durchgestrichene Rechtskraftbescheinigung überklebt hat, konnte das Gericht nicht mehr ermitteln...“. Und weiter meint der Justizminister, dass „...eine Urkundenfälschung in dem irrtümlich erfolgten Überkleben jedoch nicht zu sehen sei...“
Mal ganz abgesehen davon, dass ein Gericht als solches keine Ermittlungen anstellt, sondern im Idealfall die dafür eigentlich zuständige Staatsanwaltschaft, wirft diese Behauptung weitere Fragen nach dem Sinn dieser Erklärung auf. Bisher war nie die Rede davon, dass der besagte Rechtskraftvermerk gestrichen worden sei. Selbst wenn das so gewesen wäre, weshalb sollte ein Unbekannter einen angeblich gestrichenen Rechtskraftvermerk überkleben? Wie kann man wissen, dass die Überklebung irrtümlich erfolgte, wenn mitgeteilt wird, dass der Überkleber nicht ermittelt werden konnte, er also unbekannt ist? Das ergibt einfach keinen Sinn.
Jetzt müsste schleunigst ermittelt werden, wer wann gestrichen und wer wann überklebt hat. Es gehen nun ein unbekannter Überkleber und ein unbekannter Streicher am Amtsgericht Zwickau umher. Am Ende waren es wieder der Gärtner oder die Putzfrau. Aber selbst das wird nicht ermittelt werden. Wie so vieles in der Zwickauer Justiz wohl besser im Dunkel bleibt.

Betet, dass seine Amtszeit bald vorüber ist. Sachsens Justizminister Sebstian Gemkow (CDU).
Foto: WELT

08 November 2019

Zwickauer Justiz-Alltag: Geschäftsmodell Gerichtskostenvorschuss

Zwickau/Dresden/Karlsruhe.- Am 17. Oktober 2019 veröffentlichte die Westsächsische Zeitung unter der Überschrift „Mandantenverrat als Geschäftsmodell?“ einen Artikel über Machenschaften in der Zwickauer Justiz. Inzwischen kommen immer mehr Details zum Vorschein, welche die damals als Frage formulierte Vermutung erhärten. Und das betrifft lange nicht mehr „nur“ die Zwickauer Gerichtsbarkeit.
Die Landesjustizkasse Chemnitz zum Beispiel schickte einer Leserin eine Kostenrechnung, wonach sie 3624 Euro Vorschuss zahlen musste, damit ein Berufungsverfahren beim Oberlandesgericht Dresden stattfinden kann. Kurz vor der Verhandlung sagte das Gericht den Termin ab. Das im Voraus bezahlte Geld behielt das Gericht jedoch ein, da ein ausführlicher Schriftsatz erstellt worden sei, der die Absage des Termins begründe.
Eine renommierte Anwaltskanzlei ging daraufhin beim Bundesgerichtshof in Beschwerde. Die Kosten dafür, rund 5000 Euro, musste die Betroffene ebenfalls wieder vorfinanzieren. Der Bundesgerichtshof wies die Beschwerde ab und verlangte dafür nochmals 2000 Euro. Zusammen mit den Kosten für den eigenen Anwalt in erster Instanz und die Gegenseite, die von der Abweisung profitiert, sind das rund 30.000 Euro, die das Justizsystem einfordert, ohne ein Ergebnis vorzuweisen.
Brisant: Ursache dieser Angelegenheit ist die fragwürdige Ablösung eines Darlehens durch die Sparkasse Zwickau, zu welcher aber die Zustimmung von drei Darlehensnehmern beweisbar fehlt.