04 September 2025

Von Stasi durchsetzte Justiz: Werden in Zwickau wieder Akten vernichtet?

Westsachsen/Zwickau/Dresden.- Urkundenfälschung, Strafvereitelung im Amt, Rechtsbeugung, Unterschlagung von Unterlagen, Betrug... Die Liste der Vergehen innerhalb der Zwickauer Justiz reißt nicht ab. Das meiste davon ist in Gerichtsakten dokumentiert, den jeweiligen Bearbeitern zugeordnet und mit Aktenzeichen versehen. Leicht nachzuprüfen also, wer wann was verbockt hat. Doch damit soll nun offensichtlich Schluss sein. Zumindest, wenn es nach dem Willen der Zwickauer Staatsanwaltschaft geht. Hier hat man begonnen, brisante Akten zu vernichten. Dabei geht es auch um nicht abgeschlossene Mordermittlungen.
Dem RechercheTeam der Westsächsischen Zeitung (WSZ) ist es gelungen, Teile dieser Akten zu sichern. Einiges lag aus vorangegangener Recherche und Veröffentlichung bereits vor. Jetzt kommen neue Details ans Licht, die von ungeheurer krimineller Energie innerhalb der Zwickauer Justiz zeugen. Da ist die Rede von verschwundenen Tatortfotos, von einem unter staatlicher Aufsicht stehenden Verdächtigen, der drei Monate lang angeblich unbemerkt tot in seiner Wohnung lag und von Zeugen, die trotz ihrer Bereitschaft zu den Umständen mehrerer Morde auszusagen, nicht ordnungsgemäß angehört werden. Mitteilungen wie diese lassen aufhorchen: „...Der (Name Geschädigter) wurde am (Datum) in (Ort) tot aufgefunden. ...Unterlagen zu den damaligen Ermittlungen sind nicht vorhanden, nur noch die Sterbeurkunde...“
Dagegen scheint die Überklebung des gültigen Rechtskraftvermerkes in der Akte 8 F 1059/07 kalter Kaffee zu sein. Doch auch das darf nicht geduldet werden! Wehret den Anfängen, heißt es nicht umsonst.
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Zwickauer Justiz ausführlich beschrieben.
Selbstverständlich wurden nach Kenntnisnahme durch das WSZ-Team sofort die zuständigen Behörden informiert. Allerdings ist es in Sachsen so, dass zum Beispiel die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wenig Interesse daran hat, dienstrechtliche Maßnahmen gegen die leitenden Oberstaatsanwälte in Zwickau einzuleiten. Das mag in Teilen mit der prekären Personalsituation zusammenhängen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass man sich aus der Vergangenheit gegenseitig gewisse „Gefallen schuldet“. So hat wohl im Prinzip jeder gegen jeden irgend etwas in der Hand, was davon abhält, gegen den jeweils anderen rechtliche Konsequenzen durchzusetzen. Deshalb gehört die Sache raus aus Sachsen, wie es bereits eine Richterin empfohlen hat. Ob die Vorfälle, die bis in die 1980er Jahre zurück reichen, alle lückenlos aufgeklärt werden können, ist eher unwahrscheinlich. Die damals wie heute damit befassten Staatsanwälte gehen bald in den Ruhestand. Bis dahin sollte die Aktenvernichtung abgeschlossen sein. Die übergeordneten Behörden werden sicher so lange warten, um nicht noch mehr Staub aufzuwirbeln.

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