20 August 2020

Industriearchitektur in Sachsen: erhalten, erleben, erinnern...

Westsachsen/Zwickau.-
Industrieland Sachsen – kaum eine sächsische Region, die nicht mit Industriegeschichte verbunden ist, kaum ein Stadtbild ohne historische Industriebauten. Was bleibt von den Gebäuden, wenn die ursprünglichen Betriebe nicht mehr vor Ort sind? Verfall? Abriss? Umnutzung? Sachsens Kulturreichtum und Identität basieren auf Gewerbe und Industrie. So erinnern die Stätten der Industriekultur an die einst große Bedeutung des Landes als eine der wirtschaftlich stärksten Regionen in Deutschland – sowohl in lebendigen Museen als auch in immer noch aktiven Produktionsstätten. Flankierend zum Jahr der Industriekultur des Freistaates Sachsen und zur großen Landesausstellung BOOM zeigen die KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum vom 22. August bis 15. November 2020 die von der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen (Staatliche Kunstsammlungen Dresden) in Kooperation mit dem Deutschen Werkbund Sachsen e. V. kuratierte Wanderausstellung „Industriearchitektur in Sachsen. erhalten erleben erinnern“ – mit 80 großformatigen Fotografien von Bertram Kober. Die KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU ergänzen die Ausstellung mit einer neu kreierten Schau zu Aspekten der Industriekultur und Arbeitswelt in Sachsens viert größter Stadt.
Mit der Ausstellung ist es gelungen, das Industriezeitalter als ein für die sächsische Geschichte prägendes Kapitel künstlerisch zu dokumentieren und – um erläuternde Texte, dreidimensionale Objekte, historische Fotografien und Filme ergänzt – facettenreich zur Darstellung zu bringen. Die 80 großformatigen Fotografien von Bertram Kober stellen erfolgreiche Nachnutzungskonzepte vor, zeigen ungenutzte Möglichkeiten auf und erinnern an verlorene Schätze der Industriearchitektur und Kulturlandschaft Sachsens. Vorbildhafte Nutzungsideen werden ebenso wie akut gefährdete Gebäude vorgestellt. Architekturfotografie spielt im umfangreichen Werk des mehrfach international ausgezeichneten Leipziger Fotografen Bertram Kober seit Langem eine wichtige Rolle. Durch seinen Fokus gewinnen die zum Teil dringend erhaltungsbedürftigen Bauten neue Kraft und Würde. Seine Bilder sind geprägt von einer ausgewogenen Balance aus Sachlichkeit und Emotionalität. Sie zeigen den Wert der sächsischen Industriearchitektur und fördern damit das Engagement für ihren Erhalt.
Die bereits in mehreren Orten gezeigte Ausstellung wird um interessante Gebäude des aktuellen Ausstellungsortes Zwickau erweitert. So sind neue Aufnahmen vom Verwaltungsgebäude der AOK, vom Kaufhaus Schocken, der Mauritius Privatbrauerei, der historischen Maschinenhalle der Zwickauer Energieversorgung (ZEV) oder vom Martin-Hoop-Schacht IV a mit neu gestaltetem Wandbild zu sehen. Ergänzt wird die Schau mit historischen Fotografien und Filmen aus der Arbeitswelt der DDR des Zwickauer Stadtarchivs, Porträtfotos von Peter Franke, die 1972 im Steinkohlenwerk Martin Hoop entstanden, und mit Objekten aus dem Berg- und Automobilbau.
Im Rahmen des Ausstellungsprojektes gestaltete der in Zwickau geborene Künstler Bodo Korsig eine große Bodenarbeit für die Eingangshalle des Museums. Unter dem Titel „shape of memories“ entwarf der Künstler flexible Schaumstoffelemente, die den Grundriss und die monumentale Architektur des Museumsbaus aufnehmen. Sie können zu Objekten oder zu Sitzinseln umgebaut werden. Parallel zur Ende August/Anfang September 2020 in Zwickau stattfindenden ibug (kurz für Industriebrachenumgestaltung) können in den Kunstsammlungen über einen Großbildschirm Bilder und Filme aus der 2013er-Jahrgang angeschaut werden. Damals fand das ibug-Festival für urbane Kunst im alten Eisenwerk in Zwickau statt.
Das Gebäude der KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum – der Ausstellungsort – ist selbst baulicher Zeuge der durch die Industrialisierung reich gewordenen Zwickauer Bürgerschaft. Der repräsentative Bau wurde nach den Plänen des Zittauer Architekten Richard Schiffner 1914 eröffnet. Doch bereits 1897 wurde mit der „König-Albert-Stiftung“, die vom Zwickauer Stadtrat beschlossen wurde, der Grundstein für ein Museum gelegt, das die mittlerweile zahlreichen städtischen und Vereins-Sammlungen beherbergen sollte. Mehr als zehn Jahre sammelten die Bürger Geld für ihr Museum, das nach zweijähriger Bauzeit am 23. April 1914 als König-Albert-Museum in Gegenwart des König Friedrich August von Sachsen feierlich eröffnet werden konnte.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

Quelle und Fotos: Stadtverwaltung Zwickau