02 November 2022

Wendezeiten - Zeitenwende: Ist der Rechtsstaat noch zu retten?

Westsachsen/Zwickau/Werdau.- Gestern Abend lief im MDR-Fernsehen die Sendung „Umgewendet“. Es wurden einige Protagonisten befragt, wie sie die Zeit der Wende in ihrem persönlichen Umfeld erlebt hätten. Eine der Befragten ist Antje Dietsch (Foto/MDR), damals Schülerin an der erweiterten Oberschule „Alexander von Humboldt“ in Werdau. Während der Dreharbeiten war sie noch Staatsanwältin in Zwickau. Heute fungiert sie als Richterin am Bundesgerichtshof. Außerdem engagiert sie sich, laut MDR-Bericht, seit ihrer Jugendzeit in der Kirchgemeinde Zwickau/Auerbach.
Einige ihrer Aussagen fand ich durchaus plausibel und auch ehrlich gemeint. Eine davon ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Vor die Alternative gestellt, ihr Kreuz vom Hals zu entfernen oder das FDJ-Hemd auszuziehen, entschied sie sich gegen das Kreuz, um nicht von der Schule zu fliegen. Heute bereut sie diesen Schritt: „Der kleinste Widerstand hat bei mir dazu geführt, dass ich verraten habe, was mir wichtig war“.
Interessant fand ich die Erkenntnis, dass man in bestimmten Situationen einfach machtlos ist. So wurde am 3. Oktober 1990 der Tag der Wiedervereinigung gefeiert. Zur Festveranstaltung an der Humboldt-EOS hielt der verhasste Direktor aus Vorwendezeiten die Laudatio, als sei alles ganz normal wie immer. Das brachte die Jugendlichen ordentlich auf die Palme. Nach der Veranstaltung machten sie ihrem Ärger vor den laufenden Kameras des Westfernsehens Luft. Antje Friedrich, heute Dietsch, beschwert sich darüber, dass sie keine Namen nennen darf. Der Direktor möchte das nicht. Noch heute ist sie darüber empört: „Es gab für uns keinen Weg, an die damals verantwortlichen Lehrer heranzukommen. Die haben es verweigert, sich unseren Fragen zu stellen.“
Diese Aussage finde ich besonders interessant, weil sie einen direkten Bezug zur Gegenwart hat, wenn auch auf einer etwas anderen Ebene. Jetzt ist es Antje Dietsch selbst, die keine Fragen zu ihrer Tätigkeit als Staatsanwältin in Zwickau beantwortet. Wir erinnern uns an die Zwickauer Sparkassenaffäre und die rund 11.000 Euro, die die Sparkasse Zwickau der Werdauerin Claudia Friedrich gestohlen hat. Dass die Vorstände Josef Salzhuber und Felix Angermann damit durchkommen konnten, lag unter anderem daran, dass die Zwickauer Staatsanwaltschaft in diesem Fall nicht ermittelte. Auch Antje Dietsch, geborene Friedrich, verheiratet mit dem Sparkassenanwalt Jörg Dietsch, hatte diesen Fall zur Bearbeitung auf ihrem Schreibtisch. Auf meine diesbezüglichen Anfragen bekomme ich keine Antwort. Frau Dietsch verweigert es, sich meinen Fragen zu stellen. Déjà-vu!
Axel Friedrich, der Onkel der Staatsanwältin Antje Dietsch, erhielt, während er in Scheidung lag und ohne festes Einkommen war, ein Darlehen von der Sparkasse Zwickau in Höhe von rund 190.000 Euro. Zeitgleich gab er bei Gericht an, unterhalb des Selbstbehaltes zu leben und konnte deshalb nur zum Mindestunterhalt für sein Kind verpflichtet werden. Dieser offensichtliche Betrug wurde bei der Staatsanwaltschaft Zwickau mehrfach angezeigt - ohne Ergebnis. Später offenbarte sich der Schulterschluss zwischen der Sparkasse Zwickau, der Zwickauer Justiz und der Stadtspitze, als Jörg Dietsch versuchte, die Berichterstattung darüber zu verbieten (WSZ berichtete). Die Verwaltungsräte, bestehend aus Oberbürgermeisterin, Landrat und mehreren Stadtratsmitgliedern wussten von den Machenschaften der Sparkassenvorstände und deckten diese gemeinschaftlich.
Ähnlich im Sande verläuft gerade die Zwickauer Überklebungs-Affäre (WSZ berichtete), von der die Staatsanwältin Antje Dietsch am 21.07.2016 Kenntnis erlangte (Eingangsstempel ihres Büros). Statt Aufklärungsbemühungen nur Schweigen im Walde...
Ich will mich nicht als Moralapostel aufspielen, aber eins ist Fakt: Mit derlei Verflechtungen, wie sie hier zutage treten, kann ein demokratischer Rechtsstaat nicht funktionieren. Das habe ich bereits der sächsischen Justizministerin und auch dem Ministerpräsidenten bei verschiedenen Gelegenheiten gesagt. Außer Lippenbekenntnissen, man werde sich darum kümmern, sehe ich bislang allerdings keinen Fortschritt.
Ich bin immer für lösungsorientierte Gespräche offen. Deshalb hinterlasse ich hier meine Telefonnummer: 01745123121
Olaf Thalwitzer