Der gesetzlich verankerte Auftrag sieht vor, Kredite an Unternehmen und Privatpersonen zu vergeben. Stattdessen werden Kundeneinlagen von einigen Sparkassen in erheblichem Umfang am Kapitalmarkt investiert. Aufgrund der aktuellen Kapitalmarktturbulenzen kann dies bei einigen Sparkassen zu Verlusten oder im schlimmsten Fall zur Insolvenz führen.
Ergebnis der Studie ist, dass 77 Sparkassen mehr als 30 Prozent ihrer Aktiva in börsennotierten Wertpapieren anlegen; zwei der untersuchten Geldinstitute (darunter die Sparkasse Zwickau) haben gar bis zu 66 Prozent in Wertpapieren angelegt und erhebliche Kapitalmarktrisiken in ihrer Bilanz. „Mit der Erfüllung des gesetzlich verankerten öffentlichen Auftrags der Versorgung der regionalen Wirtschaft mit Krediten hat diese Anlagepolitik nichts mehr zu tun“, so Jasny.68 Sparkassen hätten ohne die Erträge aus den Wertpapiergeschäften im Jahr 2020 sogar Verluste in Millionenhöhe ausweisen müssen. Damit wäre ohne den „Booster“ aus den Kapitalmarkterträgen jede siebte deutsche Sparkasse operativ defizitär. Bei Verlustausweisen dieser Sparkassen drohen den Trägergemeinden nicht nur erhebliche Steuerausfälle, sondern sogar Steuerrückerstattungen an die Sparkassen – mit unabsehbaren Folgen für den Gemeindehaushalt. „Sollten die Kapitalmärkte sich bis zum Jahresende 2022 nicht erholen, drohen in Folge in den nächsten Jahren vielen Gemeinden große finanzielle Verwerfungen“, prognostiziert Jasny.
Aus den untersuchten Daten wird ersichtlich, welche Sparkassen durch ihr Kapitalmarktgeschäft erhebliche Risiken in die Gemeinden importieren – mit der Folge von Steuerausfällen oder sogar Gewerbesteuerrückforderungen. „Die Verwaltungsräte der Sparkassen, die mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bzw. Landrätinnen und Landräten besetzt sind, sind hier in der Verantwortung, ihre Kontrollfunktion gegenüber den Vorständen auszuüben und den öffentlichen Auftrag der Sparkassen sicherzustellen“, erläutert der Bankenexperte.
Die Studie zeigt demgegenüber auch, dass 157 Sparkassen ihr Geschäftsmodell entsprechend dem öffentlichen Auftrag ausrichten und profitables, nachhaltiges Sparkassengeschäft betreiben. Jasny: „Letztlich liegt der Erfolg einer Sparkasse nicht in der Größe oder der Region, sondern einzig und allein im Wissen, der Erfahrung, der Motivation und den Kompetenzen des Vorstands und des Verwaltungsrats.“
In Zwickau ist man nach wie vor nicht bereit, die Handlungsweisen des Sparkassenvorstands und das Versagen des Verwaltungsrates zu hinterfragen. Jüngstes Beispiel ist der Versuch, mit einem der Hauptverantwortlichen, dem neu gewählten Zwickauer Landrat Carsten Michaelis, ins Gespräch zu kommen (WSZ berichtete).
Professor Jansy kommt im Spätsommer nach Zwickau. Wer Interesse an seinem Vortrag hat, kann sich hier per Mail anmelden: wszrechercheteam@gmail.com
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