24 Mai 2023

Verunglimpfung des Staates: Gedenkstein muss entfernt werden

Westsachsen/Chemnitz/Dresden.-
Mit einem heute den Beteiligten bekanntgegebenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die von der Polizeidirektion Dresden ausgesprochene Verpflichtung der Partei „Freie Sachsen“ bestätigt, einen in Zinnwald/Georgenfeld aufgestellten Gedenkstein (Foto) zu entfernen.
Die Partei hatte am 29. April 2023 auf einem privaten Grundstück, an dem ein Wanderweg vorbeiführt, einen rund zwei Meter hohen Gedenkstein aufgestellt, in dem der Text: „ZUR ERINNERUNG AN DIE OPFER des Corona-Impfexperiments und der Zwangsmaßahmen des Kretschmer - Regimes“ eingraviert ist. Gegen eine von der Polizeidirektion Dresden am 3. Mai 2023 ausgesprochene Verfügung, den streitgegenständlichen Stein bis zum 8. Mai 2023 zu entfernen und ihn unverzüglich so abzudecken, dass die Inschrift nicht mehr lesbar ist, hatte die Partei Widerspruch erhoben. Diesen hatte die Polizeidirektion Dresden am 5. Mai 2023 zurückgewiesen und ihren Bescheid vom 3. Mai 2023 für sofort vollziehbar erklärt. Dagegen hat die Partei noch am 5. Mai 2023 Klage erhoben (Az. 6 K 687/23) und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz ersucht (Az. 6 L 287/23), über den das Verwaltungsgericht nunmehr entschieden hat. Zur Begründung hat die Kammer angeführt, dass in Übereinstimmung mit der Auffassung der Behörde wegen der eingravierten Aufschrift des Steins eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehe. Diese umfasse die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie des Bestandes, der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Eine Gefahr, die ein polizeiliches Einschreiten rechtfertige, liege insbesondere auch bei einem drohenden Verstoß gegen Strafgesetze vor. Hierbei reiche es aus, wenn der objektive Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt sei. Dies betreffe auch die Tatbestände der Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch - StGB), der üblen Nachrede (§ 186 StGB) und der Verleumdung (§ 187 StGB), insbesondere auch, wenn sich diese gegen Personen des öffentlichen Lebens richten (§ 188 StGB), sowie der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90 a StGB). Die Kammer hat nach Abwägung insbesondere mit dem Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG), das nach Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt ist, entschieden, dass die Aufschrift auf dem Stein den Anfangsverdacht der Straftatbestände der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90 a StGB) und der gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§ 188 StGB) bestehe. Die Kammer hat sich hierbei der vorläufigen Auffassung der Staatsanwaltschaft Dresden angeschlossen.
Die Aufschrift auf dem Stein wecke durch die Verwendung des Begriffs des „Impfexperiments“ nach dem maßgebenden Verständnis des unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums die Assoziation zu Impfexperimenten der Nationalsozialisten, insbesondere im KZ Buchenwald zur Fleckfieberinfektion. Dadurch erfolge eine Gleichstellung des Freistaates Sachsen mit dem NS-Staat. Durch die Verwendung des Begriffs des „Kretschmer-Regimes“ werde darüber hinaus die sächsische Staatsregierung als eine diktatorische Regierung und illegitime Herrschaft dargestellt. Der Vorwurf von „Zwangsmaßnahmen“ spreche zudem den Maßnahmen des Freistaates Sachsen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie die Rechtsstaatlichkeit ab und greife damit die verfassungsmäßige Ordnung an. Durch die Verwendung von deutlich abwertenden Begrifflichkeiten werde auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit der Rahmen einer im politischen Meinungskampf zulässigen Machtkritik überschritten. Angesichts der aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen und -impfungen nicht erkrankten bzw. verstorbenen Personen den angeblichen Opfern eines „Impfexperiments“ und von „Zwangsmaßnahmen“ in Form eines Grabsteins zu gedenken, verhöhne zugleich auch die tatsächlichen Opfer der Impfexperimente des NS-Staates sowie der Corona-Pandemie.
Gegen den Beschluss steht den Beteiligten binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Sächsische Oberverwaltungsgericht offen.
Quelle: Verwaltungsgericht Dresden

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