Westsachsen/Zwickau.- „Arrogant und ignorant“, mit diesen Worten beschreibt eine frustrierte Sparkassenkundin den Umgang der Sparkasse Zwickau mit ihr. Seit Jahren schon tobt ein Streit über eine angebliche Ablösung ihres Darlehens, bei der sich die Sparkasse Zwickau unrechtmäßig eine Vorfälligkeitsentschädigung von rund 11.000 Euro abzweigte (WSZ berichtete). Mit Wissen und Billigung von Oberbürgermeisterin Pia Findeiß, wie sich später herausstellte. Sie überwacht laut Sparkassengesetz des Freistaates Sachsen (SächsSparkG) als Verwaltungsratsvorsitzende der Sparkasse Zwickau das operative Geschäft. Zu einer Stellungnahme sind weder sie noch die Geschäftsführung des Kreditinstitutes bereit. Mehrere Anfragen diverser Medien liefen bisher ins Leere.
Die Sparkasse Zwickau weigert sich außerdem in Absprache mit der Oberbürgermeisterin ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 21.11.2019 anzuerkennen. Deshalb ist die Verbraucherzentrale Sachsen jetzt gezwungen, im Sinne der Verbraucher zu handeln. Nach der Sparkasse Leipzig und der Erzgebirgssparkasse sollen auch die Zwickauer Prämiensparer, die Möglichkeit bekommen, die ihnen zustehende Zinsnachzahlung aus den Langzeitsparverträgen „Prämiensparen flexibel“ zusammen mit der Verbraucherzentrale Sachsen einzuklagen.
„Im Raum Zwickau warten die enttäuschten Kunden des Bankhauses schon seit Monaten auf Neuigkeiten. Wir haben den Sparern zugesagt, sie nicht im Stich zu lassen. Insbesondere weil die Ansprüche Ende 2020 verjähren, gilt es jetzt aktiv zu werden“, erklärt Andreas Eichhorst, Vorstand der Verbraucherzentrale Sachsen. Dabei geht es nicht nur um Peanuts, wie sich seit Februar 2019 im Rahmen der Beratung herausgestellt hat. In dieser Zeit wurden rund 180 Verträge auf Zinsanpassung geprüft. In allen Fällen hat die Sparkasse Zwickau aus Sicht der Verbraucherzentrale Sachsen die variablen Zinsen zum Nachteil der Verbraucher angepasst. Im Durchschnitt handelte es sich um rund 6.000 Euro Nachzahlungsanspruch pro Vertrag.
Alle Kunden der Sparkasse Zwickau, die einen Vertrag über das Langzeitsparprodukt „Prämiensparen flexibel“ abgeschlossen haben, in dem die Klauseln „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ... % verzinst“ oder „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. … % am Ende eines Kalender-/Sparjahres eine verzinsliche S-Prämie“ enthalten sind, können sich der Klage anschließen. Für Sparer, die sich dafür entscheiden, entstehen keine Prozesskosten. Der Aufwand begrenzt sich auf die Eintragung ins Register. Das Risiko ist daher sehr gering.
Nach der heutigen Klageeinreichung eröffnet das Bundesamt für Justiz in wenigen Tagen das Klageregister: Dort tragen sich Interessierte selbst ein. Erfahrungen mit den Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkasse Leipzig und die Erzgebirgssparkasse haben aber gezeigt, dass es mit Blick auf die Rechtssicherheit sinnvoll ist, sich für die Anmeldung Unterstützung zu holen. Für eine rechtssichere Beteiligung bietet die Verbraucherzentrale in Zwickau im Rahmen der Beratung die Anmeldung ins Klageregister zum Preis von 40 Euro an. Solche Termine können ab sofort online unter www.verbraucherzentrale-sachsen.de/terminvereinbarung oder telefonisch unter 0341-696 29 29 gebucht werden. Wer sich der Klage bereits vor Registereröffnung anschließen möchte, kann der Verbraucherzentrale in Zwickau eine Vollmacht erteilen.
Weitere Musterfeststellungsklage nicht ausgeschlossen
Bevor die Zinsanpassung zum großen Thema wurde, regte sich der Unmut der Kunden ursprünglich wegen der massenhaften Kündigungen selbiger Verträge. Dazu gab es Ende November 2019 erfreuliche Nachrichten für Sparer mit einer Vertragslaufzeit von 1.188 Monaten: Das positive Urteil des Oberlandgerichtes Dresden (Urteil vom 21.11.2019, Aktenzeichen 8 U 1770/18, nicht rechtskräftig). Die Sparkasse Zwickau will dieses Urteil jedoch nicht akzeptieren und hat Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt. „Hier wollen wir nun gern im Namen der Verbraucher weitermachen“, so Eichhorst. Deshalb sind alle Sparer aus dem Raum Zwickau aufgerufen, sich bei der Verbraucherzentrale zu melden, wenn sie einen solchen Vertrag besitzen und sich gegen die Kündigung wehren wollen. „Melden sich ausreichend Klagewillige, prüfen wir, ob eine zusätzliche Musterfeststellungsklage eingereicht wird, um die Fortführung dieser Verträge zu ermöglichen“, informiert Eichhorst.