Westsachsen/Zwickau.- Bäume machen Städte grün, sind echte Multitalente und sorgen für mehr Aufenthaltsqualität. Immer dort, wo der Lebensraum von Menschen und Bäumen zusammentrifft, ist eine regelmäßige Pflege der Bäume unerlässlich. Hierzu gehören vor allem Schnittarbeiten, insbesondere bei Bäumen an Straßen und Gehwegen, auf Plätzen und in Parkanlagen.
Baum-Kletterer
Je nach Baumart und -standort können Einzelexemplare allerdings auch so hoch hinauswachsen oder sehr ungünstig stehen, dass eine Pflege mit herkömmlicher Technik nicht mehr möglich ist. Dann müssen Baumkletterer für die Pflegearbeiten beauftragt werden. Mit den Kletterkünsten aus Kindertagen haben diese aber nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um professionelle Baumkletterer, die oftmals ausgebildete Forstwirte oder Gärtner sind und sich zusätzlich in der Seilklettertechnik qualifiziert haben. Erst diese schafft die Voraussetzung, sich in größeren, sehr ausladenden Bäumen ungehindert und völlig flexibel im Baum bewegen und die Pflege mittels Hand- oder Motorsägen vornehmen zu können. Durch zusätzlich erworbenes, tiefergehendes Fachwissen können Baumkletterer u.a. auch Gutachten erstellen und die Stabilität eines Baumes beurteilen.
Baum-Pflege
Im März stellte das Garten- und Friedhofsamt nach Hinweisen aus dem Kleingartenverein fest, dass ein Spitzahorn und eine Roteiche in der Kleingartenanlage „Plantschwiese“ in Pölbitz dringend „frisiert“ werden müssen. Eigentlich kein Problem, aber die Bäume stehen an einer schwer zugänglichen Stelle. Also mussten kurzerhand Baumkletterer geordert werden. Aufgrund der großen Nachfrage kam erst Anfang dieser Woche kurzfristig ein Termin zustande. Heute war es soweit, Jonas Weiser und Michael Kosok, zwei Baumkletterer einer Leipziger Firma, waren pünktlich 9 Uhr zur Stelle. Zunächst checkten die beiden die ca. 100 bis 150-jährigen Prachtexemplare und suchten für das Einschießen ihres Seils nach einer geeigneten Stelle im Baum. Danach legten sie ihre Klettergurte an, machten einen letzten Sicherheitscheck und seilten sich dann in die Baumkrone. Dank der hervorragenden Seilklettertechnik kamen sie nahezu an jeden Ast, entfernten Totholz und verpassten den Baumkronen einen „Gesund-Schnitt“. Dass man bei derart Arbeiten schwindelfrei sein und über eine körperliche Fitness verfügen muss, versteht sich von selbst. Nach dem Abarbeiten beider Bäume wurde abschließend auch der Gesamtzustand der Bäume und deren Standfestigkeit überprüft, denn Bäume können auch krank, morsch und brüchig und damit zur Gefahr werden. Ist das der Fall, können Baumkletterer auch geschädigte Bereiche „therapieren“, schadhaftes Holz entfernen oder schlimmstenfalls den Baum fällen. Derart Maßnahmen waren heute aber nicht notwendig – beide Bäume sind kerngesund.
Baum-Kontrollen
Bäume werden im Zwickauer Stadtgebiet regelmäßig kontrolliert. Wie und wann Kontrollen zu erfolgen haben, geben technische Regelwerke vor. Dabei spielt der Standort eines Baumes eine wichtige Rolle. Straßenbäume müssen beispielsweise aller 2 Jahre kontrolliert werden, Bäume in einer wenig begangenen Grünfläche eher seltener. Natürlich gibt es auch Sonderkontrollen, z.B. nach Starkwetterereignissen, wie Sturm oder Eisregen. Schadhafte und kranke Bäume müssen sich außerdem einer tiefergehenden Untersuchung durch erfahrene Kontrolleure unterziehen, bei der auch spezielle Geräte und Werkzeuge oder Hubsteiger zum Einsatz kommen können.
Die Grundlage für die Baumkontrollen bildet ein Baum-Kataster, in dem alle städtischen Bäume erfasst sind. Kontrolliert werden die Bäume von speziell ausgebildeten Mitarbeitern des Garten- und Friedhofsamtes. Sie prüfen zunächst den Stammfuß des Baums und dessen Umgebung, anschließend den kompletten Stamm und die Baumkrone. Auffälligkeiten wie Fäule, Pilzfruchtkörper, Krankheiten, tote Äste oder Wuchsanomalien werden erfasst, Pflegemaßnahmen in einem Lageplan dargestellt und in einem Verzeichnis genau beschrieben. Bei jüngeren Bäumen wird der Entwicklungsstand geprüft und der Umfang des Aufbau- und Erziehungsschnittes festgelegt.
Baum-Krankheiten
Neben der Rußrindenkrankheit machen den Zwickau Stadtbäumen hin und wieder verschiedene Schaderreger zu schaffen. Hierzu gehören u.a. Pilze, Bakterien, Blattlausarten, die Kastanienminiermotte und der Borkenkäfer. Die durch Hitze und Trockenstress beeinträchtigten Gehölze sind inzwischen weitaus anfälliger gegenüber Schaderregern. Ein Befall beeinträchtigt die Vitalität des Baums und kann zum Absterben von Teilbereichen, aber auch ganzer Bäume führen. Derzeit wird beispielsweise die für warme, trockene Stadträume gut geeignete Platane vermehrt von einer Pilzerkrankung namens Massaria geschädigt und das Bakterium Pseudomonas führt zum schnellen Absterben von Kastanienbäumen.
Um die Ausbreitung vorgenannter Krankheiten einzudämmen, ist es am effektivsten, die Standortbedingungen der Bäume zu optimieren, befallene Pflanzenteile (einschließlich Rückschnitt) zu entfernen und Fällung vorzunehmen. Einigen sind vielleicht die markanten Baumstämme entlang des Tuchmacherdamms bekannt. Die einst recht großen Robinien mussten aus Gründen der Verkehrssicherheit (bruchgefährdet, Pilzbefall) gefällt werden. Komplett entfernt wurden die Bäume nicht, sondern (bewusst) sogenannte Hochstubben stehengelassen. Diese bieten Fledermäusen, Vögeln und verschiedenen Käferarten heute ein sicheres Quartier.
Übrigens: Anfallender Rückschnitt und gefällte Bäume werden immer zur Aufbereitung für weitere Nutzungen dem zentralen Holzplatz an der Karl-Keil-Straße zugeführt. Feines Astwerk und Holzreste werden gehäckselt und dienen auf bepflanzten städtischen Flächen als Bodenabdeckung oder als Brennstoff zur Energiegewinnung.
Baum-Unikate
Der überwiegende Teil Zwickauer Bäume gedeiht aber recht gut, einige haben sogar ein stolzes Alter, wie die Hutungseichen hinter dem Planitzer Bad. Sie sind mit ihren ca. 300 Jahren die vermutlich ältesten Bäume in Zwickau, gefolgt von einzelnen, sehr alten Lindenbäumen in der Pöhlauer Straße, am Muldendamm und im Bereich Neue Welt. Eine starke Schwarzpappel im Schwanenteichpark zwischen Crataegusdamm und Humboldtstraße ist der vielleicht mächtigster Baum. Von der gegenüberliegenden Uferseite ist das besonders gut zu sehen. Die Baumkrone überragt - trotz einer vor Jahren vorgenommenen Einkürzung - alle anderen Bäume im Park. Sehr auffällig sind auch zwei alte Stieleichen, die aus der Befestigungsmauer an der Cainsdorfer Straße (Höhe Friedhof) wachsen. Der Schlosspark Planitz wiederum hat einige schöne Exemplare frei entwickelter Bäume vorzuweisen, beispielsweise eine Hängebuche, Krimlinden und Ahornbäume. Und in Teilabschnitten des Dr.-Friedrichs-Rings stehen einige große Exemplare von Rosskastanien – möglicherweise mit Potential für zukünftige Einsätze der Baumkletterer in Zwickau.