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29 Juni 2022

Landratswahl die Zweite: Macht nichts oder macht vielleicht nichts...

Westsachsen/Zwickau/Zwickauer Land.- Im Vorfeld des 2. Wahlganges zur Landratswahl haben wir die verbliebenen fünf Kandidaten gefragt, wie sie sich zur Zwickauer Sparkassenaffäre positionieren. Zur Erinnerung: Im letzten Jahr hatte Prof. Dr. Ralf Jasny vom Fachbereich Wirtschaft und Recht an der University of Applied Sciences in Frankfurt am Main aufgedeckt, dass die Sparkasse Zwickau im Jahr 2020 rund 47 Millionen Euro unerlaubter Weise an der Börse verspekuliert hat. Rein rechnerisch sind damit jedem Zwickauer Bürger rund 500 Euro Schaden entstanden. Auch konnte die Sparkasse Zwickau wegen dieser Verluste der Stadt Zwickau keine Unterstützung für den Haushalt zukommen lassen, weshalb die Verwaltung an den Rand der Haushaltssperre geriet. Nachzulesen hier: Zwickauer Sparkassenaffäre
Der derzeit noch amtierende Landrat Christoph Scheurer (CDU) hüllte sich zunächst lange in Schweigen, bevor er der „Freien“ Presse (FP) ein Interview unter dem Titel „Landrat verteidigt Aktiengeschäft der Sparkasse“ gab. Damit unterstützte er offen das Fehlverhalten der beiden Vorstände Felix Angermann und Josef Salzhuber, das außerdem noch strafrechtlich relevant ist, wie mehrere Wirtschaftsanwälte seinerzeit bestätigten. Sein Stellvertreter, der in Halle/Saale geborene und aufgewachsene 48-jährige Voll- und Wirtschaftsjurist Carsten Michaelis (CDU) ist seit über fünf Jahren Beigeordneter im Landratsamt, führt die Behörde gemeinsam mit Landrat Christoph Scheurer und hat jetzt vor, ihn zu beerben. Was die Frage aufwirft: Wieso hat der „Wirtschaftsjurist“ nicht bei seinem Chef interveniert, als dieser zur Sparkassenaffäre befragt wurde? Hat er keinen Durchblick oder ist es ihm egal, wenn seine potenziellen Wähler betrogen werden? Dazu äußerte sich der Landratskandidat Carsten Michaelis in diesem Video: Westsächsisches Fernsehen
Ähnlich verhält es sich mit Jens Juraschka (SPD). Der Vorsitzende des Vereins „Gemeinsam Ziele erreichen e.V.“ sitzt im Verwaltungsrat der Sparkasse Zwickau und weiß von den illegalen Machenschaften des Sparkassenvorstands. Trotzdem unterlässt er es geflissentlich, sich davon zu distanzieren. Zu groß scheint die Abhängigkeit von den Zuwendungen des Kreditinstituts an seinen Verein.
Andreas Gerold (AfD) liest nach eigener Aussage die Westsächsische Zeitung regelmäßig, wollte auch schon mal spenden, weil die WSZ so schön kritisch berichten würde. Seine Chefin, die Bundesvorsitzende Alice Weidel, war kürzlich extra in Zwickau, um ihn zu unterstützen. Nach ihrem Auftritt vor rund 3.000 interessierten Zuschauern übergab ihr Olaf Thalwitzer vom Verein für saubere Justizarbeit einen Beweisordner zum Thema Sachsensumpf (Foto unten). Darin enthalten auch umfangreiches Material zur Sparkassenaffäre. Weidel versprach, sich damit zu befassen und den Fall ihrer Fraktion im Sächsischen Landtag zu übergeben. Von dort hört man bis heute, wie auch vom Zwickauer Ableger Andreas Gerold, nichts. Die Hoffnung auf Veränderung, die einige seiner Wähler vielleicht hegten, löst sich damit in Luft auf.
Dorothee Obst (Freie Wähler) ist Bürgermeisterin von Kirchberg. Sie äußerte sich zur Sparkassenaffäre kritisch. Anlässlich des sogenannten „Kandidatengrillens“ am 7. Mai, einer Veranstaltung des Vereins „Fortschritt-Vision-Diskurs e.V.“ aus dem Umfeld des Demokratiebündnisses im „Alten Gasometer“, sprach sie sich für eine Aufarbeitung der Vorgänge aus. Konkrete Auswirkungen hatte dies bisher jedoch keine.
Jens Haustein (dieBasis) fordert die vollständige Unabhängigkeit der Justiz und die demokratische Kontrolle aller gewählten Strukturen - somit wäre dann eine echte Aufklärung der sogenannten „Sparkassenaffäre“ denkbar und zudem die Möglichkeit geschaffen, durch die veränderten Strukturen derartige Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern.
Fazit: Am Sonntag haben die aufgerufenen Wähler dann wieder ihre liebe Not. Sie können wählen zwischen macht nichts oder macht vielleicht nichts. Fakt ist: Mit einem CDU-Landrat Carsten Michaelis bleibt alles, wie es ist. SPD-Mann Jens Juraschka hat mit Sicherheit auch kein Interesse daran, etwas am Status Quo zu ändern. AfD und Freie Wähler tun zumindest so, als würden sie etwas ändern wollen. Die einzig konkrete Aussage kommt von dieBasis-Kandidat Jens Haustein. Bleibt zu hoffen, dass Wort und Tat hier nicht auch wieder meilenweit auseinander klaffen.

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