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20 Oktober 2021

47 Millionen verzockt: Mehrere Stadträte in Sparkassenaffäre verstrickt

Westsachsen/Zwickau/Frankfurt.-
Der Hinweis kam überraschend aus einer Ecke, die man zunächst nicht vermutet, wenn es um die Sparkasse Zwickau geht. Prof. Dr. Ralf Jasny vom Fachbereich Wirtschaft und Recht an der University of Applied Sciences in Frankfurt am Main (Foto oben), der regelmäßig die Sparkassen bundesweit untersucht, meldet sich in der Wirtschaftsredaktion der Westsächsischen Zeitung mit der Frage, ob denn hier schon aufgefallen sei, dass die Sparkasse Zwickau entgegen ihrem öffentlichen Auftrag mit dem Geld ihrer Kunden an der Börse spekuliert. Mit Verweis auf den Jahresabschlussbericht von 2020 entlässt er uns in die Recherche.
Was hierbei bisher zutage gefördert wurde, ist bemerkenswert, zum Teil beängstigend, auf jeden Fall schädlich für die Allgemeinheit, insbesondere für die Sparkassenkunden. Wir erinnern uns: Die Sparkasse Zwickau verstößt im Schulterschluss mit der Zwickauer Justiz und der Rathausspitze wissentlich und regelmäßig gegen geltendes Recht (WSZ berichtete mehrmals). Diese Rechtsverstöße sind allen Beteiligten spätestens seit gestern bekannt. Eine Mail mit der Frage „Was werden Sie zu tun, diese ungeheuerlichen Vorwürfe aus der Welt zu schaffen, um das Ansehen Zwickaus nicht weiter zu schädigen?“ ging an die Stadtspitze (OB Arndt, Finanzbürgermeister Lasch), die Verwaltungsräte (Landrat Scheurer, die Stadträte Juraschka, Itzek, Otto, Luther, Reischl, Beierlein) und die Pressestelle der Sparkasse Zwickau raus.
Während wir auf die Antworten warten, beleuchten wir kurz die Hintergründe. Auf Seite 7 des Jahresabschlussberichtes 2020 befindet sich im unteren Drittel verklausuliert der entscheidende Hinweis: „... Aufgrund des im März 2020 eingetretenen massiven Kursverfalls an den Aktienmärkten durch die Corona-Pandemie hat die Sparkasse zur Risikoreduzierung Aktienpositionen verkauft sowie Absicherungsgeschäfte getätigt. Im Ergebnis haben wir nicht an der auf die Absicherung folgenden Kurserholung partizipiert. Bezogen auf den 31. Dezember 2020 ergibt sich somit im Masterfonds ein Bewertungsaufwand von 40,4 Mio. EUR. Der Verlust wird insbesondere durch das Fondssegment A-Horch-Euro-Aktien in Höhe von 47,4 Mio. EUR geprägt ...“. Das heißt im Klartext, die Sparkassenvorstände haben sich verzockt und dann kalte Füße bekommen. Sprich, zur Unzeit verkauft. So etwas kann passieren, selbstverständlich. Pech gehabt? Nein. Die Sparkasse Zwickau darf zwar ihre Kunden zu Aktiengeschäften beraten und Empfehlungen abgeben, als öffentlich rechtliches Kreditinstitut ist ihre Aufgabe laut Sparkassengesetz die Versorgung der Bevölkerung mit Geld- und Kreditleistungen – nicht die Spekulation mit Kundengeldern. Ein Verlust in dieser Größenordnung deutet nicht nur auf ein Versagen des Vorstands hin, sondern auch auf ein Versagen des Kontrollgremiums, des Verwaltungsrats.
Und der Verwaltungsrat? Nun ja, zur qualitativen Zusammensetzung der Mitglieder ist auch noch einiges zu sagen. Prof. Dr. Ralf Jasny gibt zu bedenken: „Jeder, der ein Auto fahren will, muss zuerst eine Führerscheinprüfung ablegen. Ein Arzt muss studieren, bevor er operieren darf. Zur Qualifikation als Verwaltungsratsmitglied genügt es, wenn man volljährig ist“.
In der Tat verwundert es bei genauer Betrachtung schon, wer sich von den Stadträten zum Sparkassenkontrollgremium hingezogen fühlt. Da ist zunächst der Vorsitzende, Landrat Christoph Scheurer. Ein enger Freund von Oberstaatsanwalt Jörg Rzehak. Dieser verhindert seit Jahren die Aufklärung im Fall der illegalen Ablösung eines Darlehens (WSZ berichtete). Die Sparkasse Zwickau hatte einer Kundin rund 11.000 Euro entwendet, indem sie behauptete, diese hätte die Ablösung gewollt. Die entsprechenden Unterlagen mit dem angeblichen Ablösungswunsch existieren jedoch nicht. Rzehak weiß das, ermittelt aber trotzdem nicht gegen die Sparkasse Zwickau. Denn dann würde er indirekt die Mittäterschaft seines Freundes Landrat Christoph Scheurer aufdecken, der als Verwaltungsrat eine Kontrollfunktion gegenüber der Sparkasse hat und damit in der Verantwortung steht. Originaltext im Sächsischen Sparkassengesetz (SächsSparkG) unter §8: „Der Verwaltungsrat bestimmt die Richtlinien der Geschäftspolitik und hat die Geschäftsführung und das operative Geschäft der Sparkasse Zwickau zu überwachen“. Dies wurde bisher von ALLEN Verwaltungsräten sträflich vernachlässigt.
Jens Juraschka, Vorsitzender des Vereins „Gemeinsam Ziele erreichen“, hat jedenfalls kein Interesse daran, unangenehm als Sparkassen-Kontrolleur aufzufallen. Bekommt sein Verein doch regelmäßig Spenden von dort zugeschanzt. Auch Sven Itzek ist als Immobilienmakler sicher auf gute Beziehungen zum Kreditinstitut angewiesen. Zur Rolle der restlichen Mitglieder wird von hier aus noch recherchiert und auf die Antwort aus dem Rathaus gewartet.
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