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12 August 2020

OB-Kandidat Michael Jakob: „Ich bin zu 100 Prozent verantwortlich“

Westsachsen/Zwickau.- Zur Oberbürgermeisterwahl am 20. September treten fünf Kandidaten gegeneinander an: Constance Arndt (BfZ), Michael Jakob (parteilos), Kathrin Köhler (CDU), Andreas Gerold (AfD) und Ute Brückner (LINKE). Wir haben allen Kandidaten zehn gleiche Fragen und eine Zusatzfrage gestellt. Heute im Portrait: Der Einzelbewerber und Unternehmer Michael Jakob (Foto). Eine Zusammenfassung der Portraits aller Kandidaten gibt es hier: Kandidatenportraits
1. Was hat Sie bewogen, für das Amt des Zwickauer Oberbürgermeisters zu kandidieren?
Ich habe in den letzten Jahren, neben meiner Tätigkeit als Unternehmer versucht, die Stadt interessanter für Unternehmen aber auch für Studierende zu machen. Es gibt infrastrukturelle aber auch bürokratische Stolpersteine und Hürden, die abgeschafft gehören. Hierzu braucht es aber jemanden aus der Wirtschaft, der diese Erfahrungen und Lösungen einbringt. Diese Kompetenz sehe ich bei den anderen Kandidaten nicht. Deshalb meine Bewerbung.
2. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für sich, sollte Ihre Kandidatur erfolgreich sein? Was werden Ihre persönliche Schwerpunkte sein?
Es sind die sozialen Themen, die regelmäßig die Pulsfrequenz von Bürgern erhöhen. Hier sehe ich die größten Herausforderungen beim Thema Kinderbetreuung und den Punkt Patengroßeltern, welchen ich mir auf die Fahne geschrieben habe. Des Weiteren freue ich mich auf die intensive aber auch herausfordernde Zusammenarbeit mit der Westsächsischen Hochschule (WHZ) um die Gründung eines StartUp Centers zu forcieren. Desweiteren werde ich sehr viel Energie in den infrastrukturellen Ausbau stecken.
3. Worin sehen Sie die gravierendsten Fehlentwicklungen in Zwickau in der Vergangenheit?
Es ist die allgemeine Unzufriedenheit und Politikverdrossenheit der Wähler, die durch die Ignoranz der Politik sehr groß geworden ist. Es wird seit Jahren am Bürger vorbei regiert und die Interessen Weniger liegen über den Interessen der Mehrheit. Dies ist mir bei meinem einwöchigen Auftritt auf dem Hauptmarkt im Juli und den daraus resultierenden Gesprächen sehr stark aufgefallen. Auch wurden Gelder in Projekte investiert, die nicht notwendig waren. Als Beispiel nenne ich hier das Verwaltungsgebäude der Gebäude- und Grundstücksgesellschaft mbH (GGZ) in der Gewandhausstraße. Nicht nur, dass wir seit Jahren darüber diskutieren, wie wir mehr Parkplätze in der Innenstadt generieren können und hier verbauen wir Parkplatzmöglichkeiten. Es kommt hinzu dass in der Innenstadt genügend Bürofläche vorhanden ist und leer steht. Da ist es - denke ich - für den Außenstehenden nicht nachvollziehbar, wie diese Entscheidung und die Kosten von acht Millionen Euro gerechtfertigt sind. Selbst wenn solche Investitionen in diesem Bereich und in dieser Höhe geplant werden und vielleicht auch gerechtfertigt sind, sind die Informationsflüsse in die Bevölkerung zu trocken. Es fehlt hier seit Jahren die Kommunikation mit den Bürgern der Stadt.
4. Wie werden Sie mit den immer sichtbarer werdenden wirtschaftlichen Verfallserscheinungen umgehen (Leerstand in der Innenstadt), auch vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden allgemeinen Wirtschaftskrise?
Das ist eben einer meiner Hauptpunkte. Es werden zum Einen zu wenig in die Gründerszene investiert und zum Anderen keine im kleinen Maßstab aber auf die Innenstadt-Läden konzipierte Veranstaltungen geplant. Ich sehe das größte Potenzial darin, sich mit den Inhabern der kleineren Geschäfte zu verständigen und auf diese Weise über den kurzen Informationsweg eine Innenstadtbelebung umzusetzen. Die Diskussion und gemeinsame Lösungsfindung wird seit Jahren in die Kammern der Verwaltung und das Rathaus verlegt, anstatt auf die Unternehmer und Ladenbesitzer zuzugehen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Das Problem wird lieber totgeschwiegen, anstatt zu diskutieren. Das gehört sich nicht.
5. Welchen Gewerbesteuerhebesatz halten Sie in Zwickau für angemessen?
Aktuell haben wir 450% Hebesatz. Ich halte ihn für zu hoch. Eine Verringerung des Hebesatzes habe ich auch in meinem Wahlprogramm verankert. Allerdings gilt es hier auch eine vorrübergehende Mindereinnahme zu kompensieren, da durch eine herabsetzung der Gewerbesteuer auch Fördermittel reduziert werden. Es gibt ein Modell in NRW welches funktioniert hat und dieses möchte ich versuchen in Zwickau umsetzen. Dabei ging es um eine Reduzierung des Hebesatzes auf 250%. Das klingt viel und das ist es auch. Nur wenn man sich zu kleine Ziele setzt, ist der Kampfgeist zur Erreichung und die Möglichkeitenausnutzung im Vorhinein schon imaginär geringer.
6. Bedarf der Verwaltungsapparat der Stadt Zwickau Ihrer Ansicht nach einer Reformierung?
Davon bin ich überzeugt. Bürokratieabbau sollte das Ziel sein. Aktuell habe ich den Eindruck, das Wort Team im Verwaltungsapparat steht für „Toll, ein anderer macht's“. Da ist man weit weg vom Dienst am Bürger.
7. Wie werden Sie, sollte Ihre Kandidatur erfolgreich sein, in den Bereichen Kriminalitäts- und Vandalismusbekämpfung sowie öffentliche Sicherheit agieren (Graffiti-Schmierereien, Drogenhandel, Gewalt auf der Straße...)?
Wichtiges Thema! Es beginnt damit, dass in den Medien stets alles und ausführlich ohne Weglassen oder Umschreibung von Tatsachen geschieht. Die Leser bzw. Zuschauer haben das Recht, die Wahrheit unverblümt zu erfahren. Es ist falsch, ihnen irgendetwas vorzuenthalten. Das Misstrauen gegenüber den Medien wird dadurch größer und das Vertrauen schwindet. Wenn die Kriminalitätsstatistik, in welche Richtung auch immer, manipuliert wird, ist das prinzipiell der falsche Weg. Eine Kameraüberwachung von Hotspots des Drogenhandels kann eine Lösung sein. Hier sollte aber die Bevölkerung auch mal befragt werden. Was ist schlimm an einer Befragung der Bevölkerung, wie sie zu einer Videoüberwachung von neuralgischen Punkten in der Stadt steht? Bürgerentscheid heißt hier der Ansatz. Grafittischmierereien - denke ich - kann man nur begegnen, indem man Flächen zur künstlerischen Betätigung schafft. Bei allen anderen Aktivitäten der Sprayer, die irgendwelche Botschaften in welcher Art auch immer an Gegenstände sprühen, ist die Gesellschaft gefordert. Verhindern wird man es nicht können. Hier kann man sehr viel Energie und Geld investieren und es bringt keine nennenswerte Verbesserung. Die Gewalt auf der Straße, egal von wem diese ausgeht, ist nach meinem Denken gleich zu behandeln und auch im schnelleren Verfahren abzuwickeln. Heutzutage wird nach meinem Geschmack zu sehr differenziert aus welcher Ecke die Gewalt gegen Andere herrührt. Die römische Göttin der Gerechtigkeit Justitia hat die Augen nicht ohne Grund verbunden. Sie sollte für Alle in gleichem Maß Gerechtigkeit sprechen. Ich wünsche mir im Gegenzug auch mehr Zivilcourage der Bürger, ohne jemanden zu denunzieren.
8. Wie ist Ihr Standpunkt zu politischer Einflussnahme in Form von Fördergeldern an ideologisch geprägte, meist radikal links orientierte Vereine?

Es ist für mich egal welche Ideologie oder politische Richtung ein Verein vertritt, solange es mit dem Grundgesetz und dem geltenden Recht konform ist. Sollte es jedoch zu einer Radikalisierung kommen und hierdurch die freiheitliche Grundordnung gefährdet sein, sehe ich nicht nur keinen Anlass einer Förderung sondern auch eine Rückforderung der geleisteten Fördermittel.
9. Die Stadt Zwickau verfügt über eine lange Geschichte mit zahlreichen Höhen und Tiefen. Was bewegt Sie hiervon am meisten?
Am meisten bewegt mich in Zwickau die Wandlung eines Kohlebergbaugebietes in eine Industriestadt der Moderne. Die gewaltigen Bergbaugebiete, die es in der Region gab und die Zwickau Arbeit und Wohlstand gebracht haben, sind in Form von Denkmälern und Ausstellungen heute noch vorhanden. Man sieht heute an verschiedenen Orten noch die Nachwehen der unterirdischen Aushöhlung. Erstaunlich ist für mich, dass die B93 in Bockwa mal gerade war und über die Jahre sich abgesenkt hat.
Zwickau hat sich in den letzten 50 Jahren von einer Industriestadt mit Fokus auf Kohleförderung und Kohleveredelung zu einer Industriestadt mit dem Fokus auf Wissenschaft / Technik und Automobilbau gewandelt. Dass die Verwandlung in Zwickau längst nicht abgeschlossen ist, sollte jedem klar sein. Ich möchte Zwickau industriell aber auch zwischenmenschlich weiter nach vorn bringen. Ich möchte den Zusammenhalt der Gesellschaft von vor 50 Jahren wieder forcieren und gemeinsam mit den kleinen und großen Unternehmen Zwickau für die Region und über diese hinaus bekannt, zukunftsweisend und lebenswert machen.
10. Wie verbringt der Privatmensch Michael Jakob seine Freizeit?
Ich bin gern mit Freunden unterwegs, treffe diese aber auch in gemütlicher Atmosphäre in Haus, Hof und Garten. Einmal die Woche fahre ich in unserer Fahrradgruppe abends so 25-40 km Fahrrad. Das kommt aktuell leider zu selten vor. Im Sommer bin ich am Wochenende zu mehreren Veranstaltungen, die von Vereine ausgerichtet werden, in denen ich mich engagiere. Ich spiele seit fünf Jahren Golf, was mir einen sehr guten Ausgleich bietet, um den Kopf frei zu bekommen. Mit dem Motorrad unternehme ich mit Freunde gern mal mehrere Tage am Stück Reisen durch Deutschland und die angrenzenden Länder. Im September veranstalte ich gemeinsam mit einer Freundin seit über zehn Jahren das Event Zwickau meets Friends (Zwickau trifft seine Freunde). Hierbei geht es um das regelmäßige Zusammenkommen von Studenten im Rahmen des internationalen Konstruktionswettbewerbs für Formel Rennwagen, der Formula Student, um den internationalen Austausch von Wissen und Technik aber auch der Bildung von Netzwerken über die Region hinaus. Das ist seit Jahren eine Herzensangelegenheit. Ansonsten genieße ich auch sehr gern die Ruhe bei einem Angelausflug in der Region oder einem Abend in der Sauna.
Zusatzfrage: Die derzeitige OBin führt ihre Kontrollfunktion als Verwaltungsratsvorsitzende der Sparkasse Zwickau nur sehr mangelhaft aus. Wie werden Sie in dieser Angelegenheit agieren, sollten Sie gewählt werden? (Hintergrundinfos dazu hier: Sparkassen-Skandal)
Anders als bei den Berufspolitikern und Nicht-Unternehmern habe ich in meinem Unternehmen gelernt, unangenehme Fragen zu stellen. Als Geschäftsführer bin ich zu 100 Prozent für mein Handeln verantwortlich. Ich habe die Kontrollfunktion über die technischen /wirtschaftlichen Belange. Somit ist mein Blick von vorn herein differenzierter. Wie es jedoch zu den Korruptionsvorwürfen kam, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zweifelsfrei nachvollziehen.