Der eigens zu diesem Zweck aus Wuppertal angereiste Moderator der Veranstaltung machte schon in seiner Begrüßung um kurz nach 16 Uhr der noch überschaubaren Zuhörerschaft klar, wie schön es sei, dass man hierzulande frei wählen könne, keinen Diktator hätte und dass schon das einen Applaus wert sei. Dieses Niveau hielt die Veranstaltung bis zum Ende durch, wie die nächsten Stunden zeigen sollten. Neben einer musikalischen Einlage wurde auch ein Spiel aufgeführt, bei dem sich politische Nachwuchstalente in Rhetorik üben konnten, während sie von jeweils anderen Mitspielern mit themenfremden Einwürfen konfrontiert wurden, die sie dann jeweils in ihre Rede einzubauen hatten. Diese Vorstellung sorgte zeitweilig für große Heiterkeit unter den Mitspielern. Konzept freien Unsinn halbwegs eloquent zu vermitteln, so dass es bei oberflächlicher Betrachtung Sinn zu ergeben scheint, wird mittlerweile offensichtlich als wichtigste Kernkompetenz für politische Nachwuchskräfte angesehen.
Um 18.15 Uhr, nachdem sich der Platz sichtlich gefüllt hatte, nahmen schließlich die OB-Kandidaten auf der Bühne Platz. Die sonst als so wichtig erachteten Abstands- und Verhaltensregeln im Zusammenhang mit der Corona-Panik schienen an diesem Tag niemanden zu interessieren; einmal mehr gewann man den Eindruck, dass man bei Auftritten etablierter Politiker gerne dort ein Auge zudrückt, wo man beim einfachen Bürger aktiv einschreitet. Wer gehofft hatte, an diesem Tag eine unzensierte und Ergebnis offene Fragerunde zu erleben, wurde allerdings schon in den nächsten Minuten enttäuscht. Wie schon bei ähnlichen Formaten in der Vergangenheit, mussten die Fragen schriftlich eingereicht werden und konnten auch nicht an einen speziellen Kandidaten oder eine Kandidatin gestellt werden. So bewegten sich viele Fragen vor allem um Nebenbereiche wie das Aufstellen zusätzlicher Mülleimer oder ähnliches.
Beim Dauerbrenner, dem altbekannten Thema Innenstadtbelebung, hielt man sich thematisch mit Abstand am längsten auf. Vor allem die CDU-Kandidatin Kathrin Köhler hatte sich dieses Thema bereits vor Wochen auf ihre Fahnen geschrieben. Die Frage, warum sie der Verödung der Zwickauer Innenstadt in ihrer Funktion als langjährig verantwortliche Baubürgermeisterin tatenlos zugesehen hat, um dies jetzt zu ihrem Wahlkampfthema zu machen, sollte auch an diesem Tag unbeantwortet bleiben. Ebenso wenig erfuhr man, welche konkreten Maßnahmen, außer dem plötzlichen guten Willen Kathrin Köhlers, denn nun hier künftig zum Erfolg führen sollten. Zum Thema Kriminalität und öffentliche Sicherheit beteuerte der AfD-Kandidat Andreas Gerold, dass er sich in Zwickau sehr sicher fühle. In diesem Zusammenhang bedankte er sich auch bei den örtlichen Ämtern und Behörden der Stadt Zwickau für deren gute Arbeit und lobte die seiner Ansicht nach vorbildliche Jugendarbeit in Zwickau. Insgesamt wurden im Laufe der Veranstaltung hauptsächlich Allgemeinplätze bedient, ohne dass es allzu konkret wurde. So bewerteten etliche enttäuschte Besucher das Format als Dialog-Simulation. Lediglich der parteiunabhängige Kandidat Michael Jakob (Foto oben Mitte) hob sich mit unternehmerischem Sachverstand von seinen Mitbewerbern ab. Dass ihm der Stallgeruch des eingefahrenen Politbetriebs fehlt, bewerteten zahlreiche Besucher sehr positiv.